Internationale Jugendbegegnung – Junge Partner in Europa

4. bis 14. November 2000 in Berlin

Ein Projekt in Kooperation mit der Fürst-Donnersmarck-Stiftung (https://www.fdst.de/)

1. Projektidee

Diese Jugendbegegnung schloß an zwei Studien- und Kontaktbesuche in Berlin bzw. in Oradea an (B.I – DE – 68 – 99 – R3 und B.I – DE – 37 – 99 – R2). Auf diesen Seminaren kam der Kontakt zwischen den Mitarbeitern der Fürst-Donnersmarck-Stiftung (FDST) und der Fundatia Sfintii Trei Ierarhi (FSTI) zustande.

Wie schon im Antrag beschrieben, gab es zunächst bei der FDST große Vorbehalte gegen eine Jugendbegegnung mit Rumänien. Vor allem in der Leitung der Stiftung wurde zunächst der Nutzen einer solchen Begegnung nicht gesehen und es gab Ängste, die eigenen Jugendlichen in ein Land zu schicken, das Ihnen im höchsten Maße als unsicher galt. Die beiden Mitarbeiter der Stiftung, die auf den Seminaren in Berlin und in Oradea dabei gewesen waren, hatten große Mühe, die Leitung, aber auch die anderen Mitarbeiter von der Idee einer Jugendbegegnung zu überzeugen.

So wurde das Projekt also in der Planungsphase bis zum Beginn der eigentlichen Jugendbegegnung nur von den beiden Mitarbeitern der FDST, dem Interkulturellen Jugendservice und der FSTI in Oradea geplant und vorbereitet. (Wir mußten versprechen, dass, wenn das Projekt in Berlin durchgeführt wird, nicht auch zwangsläufig eine Rückbegegnung in Rumänien durchgeführt werden muß…!)

2. Vorbereitung

Weil alle deutschen TN im Fürst-Donnersmarck-Haus wohnen, waren die Vorbereitungstreffen leichter zu organisieren, als normalerweise üblich. Anders als in der Leitung und bei einigen Mitarbeitern der Stiftung gab es bei den TN keine Vorbehalte gegen die geplante Begegnunng. Natürlich sind die Bewohner des Hauses auch nicht so mobil wie nicht-behinderte Jugendliche. Allein deswegen wird jede Abwechslung vom Alltag gerne angenommen.

Problematisch war die Vorbereitung in der FDST. Außer bei den beiden Mitarbeitern, die schon in Oradea gewesen waren, war das Interesse an dem Projekt nicht groß. Für solch ein Projekt mit behinderten Jugendlichen ist es aber natürlich wichtig, dass möglichst viele Mitarbeiter mit einbezogen sind, weil sie während der Begegnung auch Kontakt mit den Jugendlichen haben werden.

Ein großes Problem bestand darin, Visa für das Vorbereitungstreffen im gesamten Team zu organisieren. Außerdem stellte sich heraus, dass die deutschen TN stärker behindert waren, als die rumänischen Jugendlchen. Aus diesen Gründen beschlossen wir, ein zusätzliches Vorbereitungstreffen noch vor dem eigentlich geplanten Vorbereitungstreffen in Oradea zu organisieren und JfE darüber in Kenntnis zu setzen. Mehr über die Notwendigkeit dieses Treffens im nächsten Abschnitt.

3. Rahmenbedingungen

Unterkunft

Die Jugendlichen aus der FDST waren stärker behindert, als wir uns bei der ersten Plaung des Projektes vorgestellt hatten. Zum Teil haben sie große Probleme, die ihnen bekannte Umgebung zu verlassen. Deswegen haben wir sehr schnell die ursprüngliche Planung aufgegeben, das erste Wochenende des Seminars gemeinsam in Brandenburg zu verbringen.

Wir blieben also während der ganzen Zeit im Fürst-Donnersmarck-Haus, wo die deutschen TN sowieso wohnten und die rumänischen TN im behindertengerecht ausgebauten Gästebereich übernachteten. Diese Aufteilung in getrennte Aufenthalts- und Schafbereiche hätten wir gerne verhindert. Auf der anderen Seite war es – zumindest in der Anfangsphase – wichtig für die deutschen TN, die Sicherheit zu haben, sich jederzeit wieder in das eigene Zimmer zurückziehen zu können. Auch das Essen wurde nicht von allen TN gemeinsam eingenommen, was zum Teil an der Aufteilung der Schlafräume lag, zum anderen Teil aber auch daran, dass die deutschen TN oft spezielles Essen bekommen und auch medikamentiert werden. Diese Einnahme der Medikamente konnte nicht von uns, sondern nur von den Betreuern in den Wohngruppen kontrolliert werden.

Ausnahme von dieser Trennung bei den Mahlzeiten waren der rumänische, der deutsche und der Abschlußabend. Zu diesen Abenden wurden jeweils alle Mitarbeiter und Bewohner des Hauses eingeladen.

Visa

Der Interkulturelle Jugendservice hat schon viele Seminare und Begegnungen mit rumänischen Partnern organisiert. Dabei war es nie leicht gewesen, Visa für die rumänischen Mitarbeiter und TN vom deutschen Konsulat in Timisoara zu bekommen.

Uns ist schon klar, dass es viele Probleme mit rumänischen Staatsbürgern gibt, die unter falschem Namen ein Toursitenvisum beantragen und dann in Deutschland untertauchen. Wir wissen auch, dass bis zu 2000,- DM für ein deusches Visum auf dem Schwarzmarkt bezahlt werden. Das alles kann aber noch kein Grund sein für die Behandlung, die Herr Lazar und seine Mitarbeiter und später auch wir selbst erfahren mußten: Über eine Woche sind wir immer wieder die 200 km von Oradea nach Timisoara gefahren (Fahrtzeit 4 Stunden!) um Dokumente zu zeigen, deren Echtheit dann vom Konsul, Herrn Huss angezweifelt wurden. Unser Partner, Herr Lazar ist Priester der orthodoxen Kirche. Seine von der Kirche ausgestellten Arbeitspapiere wurden einfach mit dem Hinweis abgetan, dass sie gefälscht sein könnten. Unsere Bitte, bei solchen Zweifeln doch bitte in der Kirchenverwaltung anzurufen wurde abgelehnt. Ein Schreiben von der Senatsverwaltung Berlin (Frau Fenzlau), dass wir angefordert hatten, um unsere Seriösität zu beweisen, wurde nicht angenommen. Der Konsul weigerte sich einfach, es zu lesen!

Nur einer weiteren Intervention von Frau Deisel von JfE ist es zu verdanken, dass wir endlich doch noch die nötigen Visa für das Vorbereitungstreffen und das Seminar bekommen konnten.

Diese ganze Aktion hat Herrn Lazar, seinen Mitarbeitern und uns mehr als eine Woche Arbeit gekostet, weil es ja auch nicht ausreichte, dass nur eine Person zum Konsulat fuhr. Wir mußten immer mit allen Personen erscheinen!

Der eigentliche Grund dieses zusätzlichen Vorbereitungstreffens, das Gespräch mit den rumänischen TN und deren Information ist hinter diesen Konflikten mit dem Konsulat natürlich zurückgetreten.

4. Team

Wie schon angesprochen, gab es in der Donnersmarck-Stiftung zunächst große Probleme, überhaupt Mitarbeiter für dieses Projekt zu begeistern. Diese ablehnende Haltung hatte einerseits mit dem Partnerland Rumänien zu tun, andererseits aber auch mit der Angst vor Mehrarbeit in einer ohnehin schon durch personalknappheit gekennzeichneten Situation. Erst während des Projektes kam es dann zu teilweise heftigen Diskussionen zwischen den Mitarbeitern und zwischen Mitarbeitern und Leitung der Donnersmarck-Stiftung. Am Ende des Diskussionsprozesses (kurz vor Beginn des Nachfolgeprojektes in Oradea) kam es dann dazu, dass innerhalb der Stiftung eine neue Stelle geschaffen wurde, um für die Bewohner Freizeitangebote zu schaffen und auch um solche internationalen Projekte zu planen und durchzuführen.

Unser Seminar war dafür sicher nicht der einzige, wohl aber ein entscheidender Grund, um diesen Diskussionsprozess anzustoßen.

Im Team, dass direkt an der Durchführung des Projektes beteiligt war, gab es keine besonderen Schwierigkeiten. Durch einige Projekte, die wir schon mit unserem rumänischen Partner durchgeführt haben, war uns schon klar, dass wir bei der Auswahl der Begleitpersonen einen ganz anderen Ansatz haben. Auf deutscher Seite steht mehr der Gedanke der Teamarbeit im Vordergrund, auf rumänischer Seite gibt es den Pfarrer Lazar, der die Begegnung organisiert und einige Mitarbeiter (meist Studenten), die ihm dabei helfen. An den Teamsitzungen während des Projektes hat dementsprechend auch immer das gesamte deutsche Team teilgenommen, aber nur Pfarrer Lazar auf rumänischer Seite.

Wir wollen nicht sagen, dass die eine Arbeitsweise besser ist, als die andere. Sicher war es manchmal schwierig, die rumänischen Betreuer wirklich ernst zu nehmen, weil sie sich selbst nicht als Teil des Teams begriffen, sondern nur als Betreuer der behinderten Jugendlichen. Auf der anderen Seite sehen wir aber auch, dass die „Stiftung Heilige Drei Könige“ auf diese Weise wächst und auch viele lokale Projekte durchführt, wir dagegen seit Jahren immer auf die gleichen Mitarbeiter zurückgreifen und es für neue Leute schwer ist, bei uns mitzuarbeiten.

5. Teilnehmer / -innen

Alle TN des Projektes waren geistig und/oder körperlich behindert. Allerdings waren die Behinderungen der deutschen TN wesentlich stärker. (Das Donnersmarck-Haus ist ein Rehabilitationszentrum für Menschen mit erworbenem Schädel-Hirntraumata. Die Behinderungen der TN sind entweder durch Unfall oder Krankheit wie z.B. Krebs entstanden.) Die rumänischen TN waren dagegen ausgesucht. Es gab nur wenige TN mit doppelter Behinderung und solch ein Projekt in Berlin ist natürlich für rumänische TN auch immer ein wenig eine Belohnung für die gute Mitarbeit in der Organisation.

Diese Auswahl der TN auf rumänischer Seite ist ganz normal und kann von uns nicht kritisiert werden, denn wie will man den behinderten Jugendlichen, die schon lange in der rumänischen Organisation mitarbeiten, erklären, dass nicht sie, sondern andere Jugendliche mit nach Berlin fahren dürfen.

Während der Vorbereitung des Projektes hatten wir noch erwartet, dass diese unterschiedlichen Möglichkeiten der TN während des Projektes zu Problemen führen würde. Unter anderem deswegen hat ja auch noch einmal ein Vorbereitungstreffen in Oradea stattgefunden. Während des Projektes stellte sich dann aber heraus, dass die Offenheit und auch die Möglichkeiten der rumänischen TN ganz wichtig für das Projekt waren, weil dadurch die anfängliche Zurückhaltung der deutschen TN aufgebrochen werden konnte.

Die deutschen TN leben im Donnersmarck-Haus relativ abgeschieden unter sich. Die meisten TN haben ihre Behinderungen durch Unfall erworben und sie erinnern sich immer noch an das Leben vor dem Unfall. Das ist für sie natürlich auch eine große psychische Belastung, unter der sie leiden. Durch die Abgeschiedenheit sind sie Leidende unter Leidenden und dementsprechend  ist auch die Stimmung im Donnersmarck-Haus. Neben allem interkulturellen Lernen war dieses Projekt für alle deutschen TN auch ein großer Schritt in ihrer persönlichen Rehabilitation, weil sie sich von der Lebenslust der rumänischen TN anstecken ließen und ihr Leiden für einige Zeit vergessen haben. Ein Beispiel hierfür ist Jürgen, der außerhalb seines Zimmers nie ohne Krücken gehen wollte, während des Projektes nach einem Restaurantbesuch aber erst nach 100 Metern auf der Straße bemerkte, dass er seine Krücken im Restaurant vergessen hatte…!

6. Programmverlauf / Tagesplan

 

  Morning Afternoon Evening

 

Saturday

4th

  17.00 Arrival of the Romanian Group 20.00 First Meeting / Namegames
Sunday

5th

 

10.00 Breakfast

11.00 Welcome Meeting / Introduction of the program

13.00 Lunch

14.00 Sightseeing Tour (Bus 100)

 

18.00 Dinner

20.00 Free time

Monday

6th

 

9.00 Breakfast

10.00 Short explanation about Berlin

11.00 Shopping

Lunch in town

15.00 Workshops

 

 

18.00 Dinner

19.00 Communication Games

Tuesday

7th

9.00 Breakfast

10.00 Museum Checkpoint Charly

13.00 Lunch

15.00 Workshops

 

18.00 Dinner

20.00 Bowling

Wednesday

8th

9.00 Breakfast

10.00 Preparation of the Romanian Night

13.00 Lunch

15.00 Workshops

18.00 Dinner

20.00 (Romanian Night)

Thursday

9th

9.00 Breakfast

10.00 Demonstration of 9th November

13.00 Lunch

15.00 Workshops

20.00 Dinner – Barbecue (German Night)

 

Friday

10th

9.00 Breakfast

10.00 Visit of the therapy groups of Donnersmarck Foundation

13.00 Lunch

15.00 Workshops

17.00 First Evaluation

20.00 Dinner in Town and Disco
Saturday

11th

10.00 Breakfast

11.00 Shopping in Town

14.00 Lunch

15.00 Workshops

18.00 Dinner

20.00 Concert

Sunday

12th

10.00 Breakfast

12.00 Celebration in the Romanian Community

13.00 Lunch in the community

15.00 Party in the Romanian Community

18.00 Dinner

19.00 Intercultural Games

Monday

13th

 

9.00 Breakfast

11.00 Workshops

13.00 Lunch

15.00 Workshops (final Rehearsal)

20.00

Final Performance with Dinner

(Buffet made by the leaders)

Tuesday

14th

9.00 Breakfast

10.00 Final Evaluation

12.00 Lunch

13.00 Departure of the Romanian Group

 

 

7. Ergebnisse und Einschätzung

Insgesamt sind wir mit den Ergebnissen dieses ersten Teils des Projektes sehr zufrieden. Durch die anfänglichen Probleme in der Donnersmarck-Stiftung und mit dem deutschen Konsulat in Timisoara war es zwar eines der arbeitsintensivsten, aber auch der erfolgreichsten Projekte, die wir in letzter Zeit durchgeführt haben. Soweit wir das beurteilen können, haben alle TN einen persönlichen Gewinn von dem Projekt gehabt, das Team hat vieles lernen müssen und endlich gab es auch das, was unter dem Punkt „Auswirkungen auf lokaler Ebene“ nachgefragt wird, nämlich den Anstoß zur Diskussion und dann auch den Wandel in der Einstellung vieler Mitarbeiter und der Leitung zu internationalen Jugendbegegnungen mit Rumänien.

Sicher wäre einiges besser zu organisieren gewesen, ob aber solch ein perfektes Seminar mehr Lerneffekte für TN und Team gebracht hätte, ist nicht sicher.

Ein Problem, das in der anfänglichen Unflexibilität der Donnersmarck-Stiftung begründet lag, werden wir beim nächsten Projekt in Deutschland nicht mehr haben: Trotz unserer Bitte, die deutschen TN während der Projektwoche von Therapien freizustellen und ihnen damit eine ununterbrochene Teilnahme an dem Projekt zu ermöglichen, wurden einige von ihnen trotzdem zur Teilnehme an den Therapien verpflichtet. Natürlich können wir nicht beurteilen, inwieweit diese Teilnahme aus medizinischen oder therapeutischen  Gründen notwendig war, in Gesprächen mit den Mitarbeitern der Stiftung stellte sich später aber heraus, dass es durchaus problemlos möglich gewesen wäre, diese Therapien um eine Woche zu verschieben.

 

8. Ausblick auf Oradea

Ein weiteres Ergebnis des Projektes auf deutscher Seite war, dass die TN sich nach dem Projekt für das Fortbestehen des Theaterworkshops eingesetzt haben. In diesem Workshop wollen sie das Folgeprojekt in Oradea vorbereiten und den rumänischen TN „etwas Bieten“ können, so wie die rumänischen TN mit ihren Tanzvorstellungen den Deutschen etwas „geboten“ haben.

Seit dem Projekt im November gibt es unter den deutschen TN und auch unter den anderen Bewohnern des Donnersmarck-Hauses nur noch ein Thema, nämlich Rumänien. Außer dem wöchentlichen Theaterworkshop gab es noch einen rumänischen Abend für alle Bewohner und nach dem Nachtreffen mit den TN ging man gemeinsam in Berlin ins „Cafe Dracula“.

Problematisch wird die Auswahl der TN für das Projekt in Oradea werden, weil nicht alle TN so stabil sind, dass sie die Belastungen durch die weite Fahrt und auch durch die nicht behindertengerechte Unterkunft ohne Probleme ertragen können.